Die Standarderzählweise in der deutschen Politik und des Großteils der deutschen Medienlandschaft lautet: Nur der Lockdown sowie Maßnahmen wie Maskenpflicht und Abstandsregeln haben bei uns eine Übersterblichkeit wie in anderen europäischen Ländern verhindert. Das beste Beispiel dafür, was fehlende Maßnahmen anrichten können, soll Schweden sein. Dort sei es im ersten Halbjahr 2020 zur größten Übersterblichkeit seit 150 Jahren gekommen. Doch stimmt diese Erzählweise?
Die Zahlen, die in der nachfolgenden Analyse verwendet werden, stammen vom Statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat) und dem Robert Koch-Institut (RKI). Die Auswertungen und Diagramme wurden mit dem Tabellenkalkulationsprogramm LibreOffice Calc erstellt oder direkt aus den Publikationen des RKI übernommen. Der Begriff Lockdown steht in diesem Beitrag für das staatlich verordnete, fast vollkommen zum Erliegen gebrachte öffentliche Leben, also nicht nur Schulschließungen, sondern auch die Schließung von Geschäften und Restaurants.
Schwedens Sterbezahlen im Vergleich mit anderen europäischen Ländern
Die offizielle Erzählweise scheint Bestätigung zu finden, wenn man Schwedens Sterbezahlen im Verhältnis zur Bevölkerungsgröße mit denen in Dänemark, Norwegen und Finnland vergleicht. Im Gegensatz zu Schweden, das größtenteils auf freiwillige Maßnahmen gesetzt hat, haben Dänemark und Finnland einen staatlich verordneten Lockdown ab dem 16. März 2020 umgesetzt, Norwegen bereits ab dem 12. März.
Abbildung 1: Sterbefälle in den skandinavischen Ländern je Kalenderwoche und je 1 Millionen Einwohner 2016 bis 2020 (1).